SZ-Magazin: Beim Kinderwunsch kann man schlecht Kompromisse eingehen, es gibt keine halben Kinder. Was erhoffen sich Paare davon, wenn sie zu Ihnen in die Praxis kommen?
Manuel Müller: In der Regel kommen Klienten zu mir, die sich nicht zu 100 Prozent sicher sind. Für beide Positionen – Kinderwunsch oder keinen Kinderwunsch – gibt es Gründe und die arbeiten wir heraus. Schmerz ist häufig auf beiden Seiten vorhanden. Die Person ohne Kinderwunsch schämt sich vielleicht, weil sie denkt, dass sie doch wollen sollte und Angst hat, ihren Partner oder ihre Partnerin zu verlieren, wenn sie den Kinderwunsch nicht erfüllen kann. Die Person mit Kinderwunsch hat häufig das Gefühl, zu viel zu verlangen, und Angst, dass sie deswegen verlassen wird. Beide Seiten wissen, dass die Auseinandersetzung mit dem Kinderwunsch bedeuten kann, dass sie sich trennen müssen. Die Paare, die zu mir kommen, wünschen sich, bei diesem Prozess begleitet zu werden.
»Paare mit einseitigem Kinderwunsch sollten sich keinesfalls direkt trennen«
Was tun, wenn einer ein Kind will und der andere nicht? Der Therapeut Manuel Müller berät Paare in dieser heiklen Situation. Im Interview erklärt er, welche Ängste einen Kinderwunsch blockieren und wie ein Genogramm und eine Absichtserklärung helfen.

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